Das Teehaus Channagasse im ersten Wiener Gemeindebezirk stand schon länger auf meiner To-Do-Liste. Das Besondere an diesem Teehaus ist: Neben exklusiven ausgewählten chinesischen Tees gibt es die Möglichkeit, den Tee im Rahmen der chinesischen Teezubereitung „Gong Fu“ zu genießen.
Die Lage und Anreise
Das Teehaus Channagasse liegt etwas abseits der großen Touristenpfade in der Annagasse 12. Beim normalen Herumspazieren im ersten Bezirk ist es eher unwahrscheinlich darauf zu stoßen, aber wie so oft befinden sich die guten Sachen nicht dort, wo sich die Massen tummeln sondern etwas versteckt. Von den U-Bahn Stationen Karlsplatz/Stadtpark (Linie U4) und Stephansplatz (Linien U1 und U3) ist das Teehaus mit einem gemütlichen zehn Minuten Spaziergang bequem erreichbar.
Von außen sieht das Teehaus auf den ersten Eindruck genauso aus, wie es der Internetauftritt erwarten lässt: Modern, stimmig designed, ein bisschen hipp, sehr durchdacht. Drinnen gibt es verschiedenste Sitzmöglichkeiten, wo für jeden Geschmack etwas dabei sein sollte. Ob auf hohen Tischen mit Blick auf die Straße für Neugierige, größeren Tischen für mehrere Personen, kleine Zweiertische oder etwas ruhiger im hinteren Bereich, alles sieht gemütlich aus und lädt zum längeren Verweilen ein. Dekoriert ist das Teehaus mit verschiedensten Teegeschirr, Pu Erh Teekuchen, Regalen mit Büchern und vielem mehr. Im Barbereich ist das Teegeschirr durch Lichtinstallationen schön in Szene gesetzt. Die Neugier wird so gut wie überall im Teehaus geweckt, ohne jedoch überladen zu wirken.
Meine Begleitung und ich wollten ganz nach „Gong Fu“ einen Tee probieren, auf Nachfrage zur Entscheidungsfindung wurde uns sogar ein Teil der Tee-Rohware präsentiert. Wir entschieden uns für einen chinesischen Oolong, der leicht blumig und fruchtig roch. Serviert bekamen wir ein rundes Teebrett mit einer 130 mL fassenden beschichteten Kanne, einem Teekrug mit Siebaufsatz, zwei kleinen Teeschalen und einer digitalen Stoppuhr. Zusätzlich dazu musste ich ein sogenanntes Tea-Pet auswählen. Ich entschied mich nach kurzer Überlegungszeit für den Affen, welcher von der Dame im Teehaus mit einem freudigen „Eine gute Wahl, der Affe steht für Weisheit!“ kommentiert wurde. Neben dem ganzen Teegeschirr bekamen wir zwei Thermobehälter mit heißem Osmosewasser zur Verfügung gestellt.
Die Teezubereitung nach Gong Fu Art
Da wir zwei noch nie einen Tee nach der chinesischen Teezubereitung genossen hatten, ließen wir uns den Ablauf vorführen. In die kleine Teekanne wurden 5 g Tee gegeben und dieser mit heißem Wasser übergossen. Nach fünf bis zehn Sekunden Ziehzeit war der Tee fertig gewaschen und das Waschwasser wurde in den Teekrug über das Sieb abgegossen. Das Waschwasser gossen wir dann in unsere Teeschalen hinein und leerten den Rest über die Affenfigur drüber. Dadurch wurde das Waschwasser gleich genutzt um unsere Teeschalen anzuwärmen und unser Tea-Pet wurde auch gewürdigt. Für die ersten paar Aufgüsse ließen wir den Tee 30 Sekunden lang ziehen, ab dem neunten Aufguss herum erhöhten wir die Ziehzeit auf 45 bis schlussendlich 60 Sekunden. Der Tee schmeckte zu Beginn noch kräftig und nach Röstaromen, wurde mit steigender Anzahl der Aufgüsse aber immer milder. Wir blieben insgesamt fast drei Stunden dort und kamen auf stolze 12 oder 13 Aufgüsse, wir führten leider keine Stricherlliste und verloren den Überblick. Hätten wir die Sperrstunde nicht erreicht, wären sicherlich noch ein paar zusätzliche Aufgüsse drinnen gewesen. Der Tee hätte definitiv noch Potential für mehr gehabt. Während dem Teetrinken und Plaudern gönnten wir uns noch einen Matcha-Cookie (Schoko, Banane, Haferflocken, Matcha) und eine kleine Teesüßigkeit, welche beide ausgezeichnet schmeckten.
Für alles zusammen bezahlten wir 20.50 €, was in meinen Augen ein absolut fairer und guter Preis ist. Wäre ich stattdessen wie in Österreich normal üblich drei Stunden lang irgendwohin auf „ein Bier“ gegangen, wäre die Rechnung wohl deutlich höher ausgefallen und nachher wäre es uns wohl nicht so gut gegangen. Am Ende kamen wir sogar mit dem Besitzer des Teehauses ins Gespräch, welcher uns tiefere Einblicke in die Teewelt und den Umgang mit Tonteekannen gab. Er erzählte uns, er besäße rund fünf Tonteekannen, für jede Teesorte eine eigene. Alte Tonteekannen in denen über mehrere Jahre hinweg nur dieselbe Teesorte zubereitet wurde, werden für vierstellige Beträge gehandelt. Ich besitze aktuell nicht einmal eine einzige.
Nach der Unterhaltung war für uns beide klar: Die Welt des Tees ist riesig mit vielen Facetten und wir stehen erst am Anfang unseres eigenen persönlichen Teeweges. Es gibt noch so viel zu lernen und zu entdecken!
Mein Fazit
Es war eine tolle Erfahrung, Tee einmal anders nach der chinesischen Teezubereitung „Gong Fu“ genießen zu können. Teetrinken wie die Chinesen – das kann was. Das Ambiente, die Bedienung und der Tee waren toll. Ich kann das Teehaus nur empfehlen und werde ihm in Zukunft noch öfters einen Besuch abstatten.