Japanische Seitengriffkanne Kyusu

Meine erste Tonteekanne: Eine Kyusu aus Tokoname

Seit einiger Zeit liebäugelte ich schon mit dem Kauf einer echten Tonteekanne. Die Wahl fiel mir nicht leicht: Sollte es eine chinesische aus Yixing werden, eine japanische aus Tokoname oder eine aus Banko-Ton aus Yokkaichi? Wie wäre es mit einer Tonteekanne aus Europa?

Da ich gerne grünen Tee trinke und ich mir ein Stück japanische Teekultur nach Hause holen wollte fiel meine Wahl schlussendlich auf eine unglasierte minimalistische Teekanne ohne Verzierung aus feinporigem Ton aus Tokoname. Weil ich mich darüber riesig freue, möchte ich sie dir hier gerne vorstellen.

Tokoname – Bekannt für Keramik

Tokoname ist eine Stadt in Japan mit fast 60.000 Einwohnern (Stand 2019). Bekannt ist die Stadt für seine Keramik, insbesondere für seine Seitengriff-Teekannen (yokode kyūsu). Der dort vorkommende und verwendete Ton ist sehr mineralstoffhaltig und kann bei hohen Temperaturen gebrannt werden.

Beim Brennen des Tons gibt es zwei Arten: Den Oxidationsbrand und den Reduktionsbrand. Meine Kyusu wurde mittels Reduktionsbrand hergestellt. Dabei wird der Ofen nach dem Hauptbrand gegen Ende des Brennvorganges luftdicht verschlossen und ohne weitere Sauerstoffzufuhr zu Ende gebrannt. Dabei kommt es durch chemische Reaktionen zur Graphitierung der Oberfläche der Keramik. Dies lässt die Keramik bei gleicher Brenntemperatur härter und dichter werden als beim Oxidationsbrand. Die Graphitierung ist auch für das schieferartige Aussehen und die schwarze/anthrazite/dunkelgraue Färbung verantwortlich. Bei einem Oxidationsbrand wäre dazu im Gegensatz immer ungehindert Luft und somit Sauerstoff zu dem Brand hinzugekommen und hätte das im Ton vorhandene Eisen oxidiert. Dies erzeugt normal die bekannte rötliche oder bräunliche Färbung.

Meine Kyusu aus Tokoname verfügt auch über ein integriertes Sieb, welches aus demselben Ton gearbeitet ist und nahtlos in die Kanne eingearbeitet wurde. Sie liegt toll in der Hand und der gebrannte Ton fühlt sich leicht rau an. Sie verfügt über ein Volumen von 230 mL, ich habe sie deswegen so ausgewählt damit der Tee locker für zwei Leute reicht. Alles in allem ist sie ein echtes Meisterwerk!

Vorteile einer echten Tonteekanne

Eine Tonkanne alleine wertet finde ich schon automatisch die persönliche Teezeremonie auf. Guten Tee kannst (eher solltest) du öfters aufgießen und mit einer Tonkanne mit Sieb ist dies einfach durchführbar. Aber eigentlich geht es den richtigen Teekennern um den Geschmack. Eine unglasierte Tonkanne rundet den Tee ab und macht ihn feiner. Die Inhaltsstoffe des Tons binden die Bitterstoffe und stellen dadurch die aromatischen Komponenten in den Vordergrund.

Mit der Zeit nehmen die Tonkannen auch etwas von dem zubereiteten Tee auf. Es bildet sich eine Art Schicht, die Patina genannt wird. Und genau an dieser Patina scheiden sich die Geister und trennt die TeetrinkerInnen in zwei Lager: Die Pro-Patina-Fraktion und die Fraktion, welche sie eher unnötig bis ekelig findet.

Die Pro-Patina-Fraktion vertritt die Meinung, dass wenn in einer Tonkanne immer dieselbe Teesorte zubereitet wird (z.B. nur grüner Tee), der Ton der Kanne etwas vom Tee aufnimmt und bei späterer Verwendung immer wieder etwas davon abgibt. Dies soll den Tee immer mehr abrunden und für ein besseres Geschmackserlebnis sorgen. Bei Yixing Tonkannen kommt es sogar angeblich zu einer großen Wertsteigerung, wenn in ihnen jahrelang immer derselbe hochwertige Tee zubereitet worden ist und sie über eine gescheite Patina verfügen. Dies wurde mir damals auch bei meinem Besuch des Teehauses Channagasse in Wien vom Besitzer so erzählt. Der muss es doch wissen?

Die Contra-Patina-Fraktion vertritt die Meinung, dass eine Patina bei einer guten Tonteekanne nichts zu suchen hat. Das Teegeschirr sollte sauber und gereinigt sein, bevor Tee darin zubereitet wird. Der Ton bindet vorrangig Bitterstoffe und wie sollen diese dann bei späterer Verwendung den Tee besser machen, wenn wir ihre Konzentration eigentlich eher mit der Verwendung der Tonkanne erniedrigen wollen? Oder soll die Patina als Schutzschicht vor dem Kontakt des Tees mit dem Ton dienen? Dann wäre die Tonkanne nicht aus hochwertigem Ton hergestellt.

Ich durchforste schon seit gut zwei Stunden während des Schreibens dieses Blogposts diverse Seiten und kann mir selbst keine richtige Meinung bilden. Der Wissenschaftler in mir ist eher in der Contra-Patina-Fraktion beheimatet, der Teeliebhaber in mir in der Pro-Patina-Fraktion. Der Teeliebhaber gewinnt heute dieses Tauziehen und ich werde in meiner Kyusu nur grünen Tee zubereiten und sie ausschließlich mit heißem Wasser reinigen. In einem Jahr werde ich dann berichten, was für Auswirkungen dies hatte. Möge die Patina wachsen und gedeihen!

Qualität von Tonteekannen

Beim Kauf von Tonteekannen gibt es einiges zu beachten. Die wichtigsten Punkte möchte ich hier durchgehen, vielleicht hilft es dir eines Tages wenn du selbst vor der Anschaffung deiner eigenen Tonkanne stehst. Wenn du die Tonkanne bei einem Geschäft deines Vertrauens begutachten kannst oder direkt bei einer Reise vor Ort testen kannst, umso besser. Meine habe ich online bei Teekontor Kiel gekauft, nachdem mich diese per persönlichen Nachrichtenverkehr in einem Teeforum beraten haben. Durch die gute persönliche Beratung und den ausgezeichneten Ruf den der Teekontor genießt, konnte ich genug Vertrauen im Voraus entgegenbringen. Meine Tonkanne habe ich daher blind gekauft, ohne sie vorher zu testen. Mein vorausgebrachtes Vertrauen sollte nicht enttäuscht werden.

Vor Ort würde ich normal so vorgehen, dass ich mir alle vorhandenen Teekannen genau ansehe. Passt die Form zu mir? Liegt die Teekanne gut in der Hand? Kann ich den Henkel gut greifen und damit umgehen? Gefällt mir eher eine kurze oder länger ausgeführte Tülle (der Ausgießteil der Teekanne)? Möchte ich eine aus groben porösem Ton für eher stärke Tees oder eine aus feinporigen dichten Ton für feiner Tees? Schau dir die Tonkanne vorher genau an, ob sie über Mängel wie Risse oder Deformationen verfügt. Risse lassen sich besser erkennen, wenn du die Tonkanne mit Wasser übergießt. Meine Tonkanne wurde gut verpackt verschickt und wurde nach dem Auspacken ausgiebig auf Fehler untersucht.

Eine gute Teekanne verfügt über ein tolles Ausgießverhalten. Egal ob du viel und schwungvoll einschenkst oder wenig und langsam, die Teekanne sollte zu keinem Zeitpunkt tropfen.

Ausgießverhalten meiner Kyusu im Test

Hat die Teekanne es bis hier hergeschafft, kannst du dir den Deckel genauer ansehen. Der Deckel sollte passgenau sitzen und nicht zu locker sein. Gute Qualität lässt sich auch am Klang des Deckels beim Aufsetzen ersetzen. Ich bin hier noch nicht ganz so geübt, bin mit dem Klang meines Deckels aber vollauf zufrieden. Für mich wirkt er voll und leicht dumpf, mir gefällt er sehr gut. Höre dir doch den Klang meiner Kyusu selbst an, sagt er dir zu?

Wie findest du den Klang meiner japanischen Tonkanne?

Die Passgenauigkeit des Deckels lässt sich auch noch auf eine andere Art und Weise überprüfen. Fülle die Tonkanne mit Wasser voll und setze den Deckel drauf. Danach halte das Belüftungsloch im Deckel zu und stelle die Kanne auf den Kopf. Wenn der Deckel gut passt, dichtet er ab und es sollte aus der Teekanne kein Wasser auslaufen.

Ich patzte mehr bei der Vorbereitung als die Kanne beim Dichtheitstest selbst

Zu guter Letzt würde ich dir noch dringend raten, an der Tonkanne zu riechen. Klingt vielleicht ungewöhnlich, aber nimm lieber den Deckel ab und steck deine Nase tief in das Kanneninnere hinein und atme durch die Nase ein. Die Tonkanne darf von Haus aus keinen starken Fehlgeruch haben, den bekommst du wahrscheinlich auch mit kochendem Wasser nicht mehr weg. Feinen Tee aus einer müffelnden Tonkanne zu trinken geht am Sinn und Zweck eindeutig vorbei.

Was kostet mich eine Tonkanne?

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Im Internet bei diversen Plattformen und Online-Shops habe ich Kyusus aus Tokoname für schon rund 60 € gesehen. Tonkannen aus Yixing konnte ich meistens ab rund 140 € ausmachen. Fraglich bleiben bei einem Online-Kauf immer die Herkunft und Qualität. Die wenigsten von uns können es sich leisten, einfach so Urlaub in Yixing und Tokoname zu machen und sich gleich vor Ort bei einer Meisterin oder Meister eines dieser Schmuckstücke zu sichern. Deswegen rate ich dazu, lass dir beim Online-Kauf viel Zeit, vergleiche verschiedenste Shops und lasse dich beraten. Ich gebe lieber etwas mehr aus, erhalte dafür eine authentische Tonkanne bei der auch die Qualität passt. An meiner Tonkanne möchte ich lange Freude haben und nicht dem Spruch zu Opfer fallen: „Wer billig kauft, kauft zweimal“.

Da mir noch etwas die Erfahrung und der Überblick fehlt, ob eine Teekanne ein Schnäppchen ist oder nicht, kann ich dir nur sagen, was sie mich gekostet hat. Billig sind gute Tonkannen hierzulande nicht und du musst selbst entscheiden, ob es dir das Wert ist.

Meine Tonkanne habe ich um 79 € erworben. Besser gesagt, meine Oma hat sie mir zu Weihnachten geschenkt. Danke an dieser Stelle an dich, du bist eine tolle Oma! Damit ich den Tee aus dieser Kanne auch richtig würdigen kann und für das Teetrinken bei Gästebesuch vorbereitet bin, habe ich mir zusätzlich dazu noch zwei Tonschalen der deutschen Künstlerin Maria Ziaja um je 14,90 € dazubestellt. Diese Teeschalen sind innen wunderschön blau glasiert und verfügen außen über einen tollen rauen Charakter. Um das Ganze als Set abzurunden habe ich dazu noch ein Tablett aus Akazie um 13,90 € dazugenommen. Alle Sachen habe ich bei Teekontor Kiel aus Deutschland bestellt.

Damit lässt sich in Zukunft grüner Tee bei mir zu Hause mehr würdigen und genießen.