Vor einiger Zeit habe ich mich im Rahmen eines Wissensbeitrages intensiver mit der Materie gelber Tee beschäftigt. Dort lernte ich auch etwas über den berühmten Tee Junshan Yinzhen, dessen Teeblätter angeblich beim Aufguss in der Teekanne dreimal hoch und runter wandern sollen. Alleine diese Tatsache machte mich so neugierig, dass ich recherchierte, woher ich nicht so einen Tee bekommen könnte.
Am Ende überzeugte mich die Beschreibung des gelben Tees „Diamond Peak“ im britischen Teeshop Mei Leaf. Der Shop verfügte auch über einen schönen Glaspitcher (Gong Dao Bei, Fairnessbecher) aus gehämmerten Glas, den ich schon länger für meine eigene Teezeremonie gesucht hatte. Damit war schnell klar: Dort wird bestellt!
Der nachgeahmte Junshan Yinzhen
Der gelbe Tee mit dem Namen Diamond Peak von Mei Leaf ist eine Art von nachgemachter Junshan Yinzhen. Der echte Junshan Yinzhen stammt von der Junshan-Insel im Dongting-See, dem zweitgrößten Binnensee Chinas. Die unbewohnte Insel ist nicht besonders groß und daher die Menge des produzierten Tees limitiert. Die Teeplantagen der Insel sind in staatlicher Hand und wer etwas von dieser kleinen Menge dieses besonderen Tees erhält, wird streng kontrolliert. Meistens bekommen nur hochrangige Beamte der chinesischen Regierung, Diplomaten und finanzstarke Spender etwas von diesem prestigeträchtigen gelben Tee ab. Als Normalsterblicher soll es jedoch mit guten Kontakten auch möglich sein, diesen Tee in die Finger zu bekommen. Wie du dir aber vorstellen kannst, ist der Preis dafür unverschämt hoch. 100 g sollen für mehr als 1000 USD gehandelt werden. Der Junshan Yinzhen ist bereits der seltenste Tee der Welt, diese Tatsache macht ihn aber auch zu einem der teuersten. Findest du ihn irgendwo im Internet billiger, handelt es sich ziemlich sicher nicht um das Original sondern eine Nachahmung.
So viel Geld für eine kleine Menge Tee auszugeben, ist es meiner Meinung nach nicht wert. So gut und viel besser als andere Tees kann er gar nicht sein, dass dieser Preis gerechtfertigt wäre. Als gute Alternative dazu gibt es Tee auf dem naheliegenden Festland, der identisch wie der Junshan Yinzhen produziert wird. Durch die geographische Nähe und dem damit ähnlichen klimatischen Verhältnissen sowie der gleichen Verarbeitung kommt der nachgemachte Junshan Yinzhen sehr nahe an das Original heran.
Der Diamond Peak von Mei Leaf entspricht genau so einem Tee. Er wurde in der Gegend rund um den Dongting-See angebaut und produziert. Laut Shopbetreiber soll er dem Original sehr ähnlich sein und fruchtig, floral, nach Vanille sowie Kürbiskernen schmecken. Wie der Tee bei mir geschmeckt hat, erfährst du weiter unten.
Die Rohware
25 g des Tees haben 14.95 £ gekostet (ca. 16.4 €). Der Tee wurde in einem kleinen mit Plastik eingeschweißten Karton geliefert.
Bei der Begutachtung der Rohware war die Zusammensetzung des Tees gut wahrnehmbar. Er bestand zum Großteil aus wunderbar weiß behaarten Blattknospen und wenigen Blütenköpfen sowie Blättern. Ich hatte noch nie einen Tee in meinen Händen gehalten, der aus so vielen behaarten Tips bestand.
Der rohe Tee selbst hatte einen milden blumigen Geruch.
Die Zubereitung
Für meinen Test habe ich den Tee nach westlicher Art in einer großen Teekanne zubereitet. Dazu habe ich 6 g des Tees in meine Glaskanne eingewogen. Für meine Tests verwende ich zwar standardmäßig 12 g, dies schien mir jedoch zu viel zu sein und so hielt ich mich an die Empfehlung auf der Packungsrückseite (0.6 g/100 mL).
Danach goß ich den Tee mit 75°C heißem Wiener Leitungswasser auf und ließ ihn 4 Minuten ziehen. Am Ende der Ziehzeit seihte ich ihn über ein Metallsieb in eine zweite Teekanne ab. Ein zweiter Aufguss ist auch möglich, mit nochmals 60 Sekunden Ziehzeit.
Auch wenn es sich bei meinem Junshan Yinzhen nur um die nachgeahmte Version handelt, hatte ich mich schon sehr auf das spektakuläre Aufgussverhalten mit dem Auf- und Absteigen der Teeblätter gefreut. Entweder steht dieses Hoch und Runter stellvertretend für etwas anderes und darf nicht wörtlich genommen werden oder mein nachgemachter Tee verfügt nicht über dieses Schauspiel. Ich muss zugeben, ein klein bisschen war ich schon enttäuscht und hätte mir mehr Sehenswertes im Teekannenfernsehen erwartet.
Bei der Zubereitung nach Gong Fu Art gibst du 3.5 g/100 mL in deine Teekanne und gießt mit 75°C heißem Wasser auf. Der erste Aufguss zieht 2 Minuten, danach jeder weitere nur 15 Sekunden lang. Laut Mei Leaf sollen so bis zu 5 Aufgüsse möglich sein.
Die Sensorik
Diamond Peak lieferte eine schön pfirsichfarbene bis orange Tasse.
Der Geruch hatte etwas leichtes von Röstaromen. Geschmeckt hat er mild, nach Vanille und Röstaromen. Mit viel Einbildung und dem Hinweises vorab des Shopbetreibers würde ich sogar behaupten, dass die Röstaromen wirklich etwas in die Richtung Kürbiskerne gingen.
Mein Fazit
Die Herstellung von gelben Tee an sich ist höchst aufwendig und liefert eine spezielle Art von Tee. Er ist eigen und mit einem Grüntee oder Schwarztee als Beispiele nicht vergleichbar. Deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass er nicht jeden Teeliebhaber*in zusagen wird.
Diamond Peak ist trotz allem ein hochwertiger, spannender und interessanter Tee. Falls du hochwertigen gelben Tee noch nicht selbst probiert hast, lohnt es sich auf alle Fälle, ihm eine Chance zu geben. Alleine der Anblick der vielen tollen weiß behaarten Blattknospen war es für mich wert und wird auch dein Teeherz höher schlagen lassen.